A.I.D.A. und Hollywood

Vor acht Jahren gründete die ehemalige Balletttänzerin Monika Schöpfer die Tänzeragentur A.I.D.A. Das Unternehmen vermittelt Tänzer an Projekte, die über den Bühnentanz hinausgehen: an Film- und Werbeproduktionen und PR Events. Das Konzept hat Erfolg. Zu den Kunden gehören mittlerweile Tom Cruise, der Cirque du Soleil und Mercedes Benz. Text: Tom Mustroph, Tanz- und Theaterkritiker Eine Szene wie aus einem Film: Das Telefon klingelt. "Geh nicht ran", bittet eine Frau. "Es ist Hollywood", sagt die andere. Nur weil Monika Schöpfer, Gründerin der Tänzeragentur A.I.D.A. (An International Dance Agency), damals doch nach dem Hörer griff, erfuhr sie, dass ein Filmproduzent einen Tanzcoach für eine Szene aus den 40er Jahren suchte. Als sie sich danach erkundigte, wer gecoacht werden sollte, fielen die Namen Tom Cruise und Carice van Houten. Schon war sie mittendrin in "Valkyrie". Schöpfer besorgte eine Choreographin. Und weil die Filmleute ihren Zeitplan bis zu dem Tag ausdehnten, an dem die Choreographin schon eine andere Verpflichtung hatte, sprang Schöpfer bei den Dreharbeiten sogar selbst als Coach ein. Dass sie jetzt in Hollywood einen Fuß in der Tür hat, will sie aber erst dann sagen, wenn ein zweites Mal so ein Anruf kommt. Die Tätigkeit für Tom Cruise ist ein Ergebnis der Aufbauarbeit, die sie in A.I.D.A. gesteckt hat. Vor acht Jahren gründete Schöpfer die Agentur, weil sie die Welt des Tanzes einfach nicht losließ. "Ich wollte nie die große Ballerina sein. Aber zu dieser Welt dazuzugehören, war mir immer wichtig", erzählt sie. Also kam die Frau, die mit der Geburt ihrer Tochter im Alter von 27 Jahren die Ballerina Karriere an den Nagel hängte und danach in einer Bank jobbte, auf die Idee, eine Agentur für Tänzer zu gründen. „Ich wollte das, was ich mir selbst am Anfang meiner Laufbahn als Unterstützung gewünscht hatte, nun anderen geben. Als ich mit 16 Jahren zur Ballettausbildung nach Monte Carlo kam, wusste ich nicht, wie man sich um eine Aufenthaltsgenehmigung kümmert, wo man einen gescheiten Arzt findet und wie man sich erfolgreich bewirbt“, erklärt sie. Weil Tanzkompanien heutzutage immer international sind, die Tänzer mehrheitlich aus dem Ausland kommen, hat Schöpfer schon mit der Unterstützung bei der basalen Alltagsorganisation viel zu tun. Für einen Jahresgebühr von 150 Euro leistet sie eine Rundumbetreuung. Vor allem aber vermittelt sie Jobs. Mit ihrer Agentur hat sich Monika Schöpfer erfolgreich in einem Bereich etabliert, in dem Künstler und Wirtschafsleute aufeinandertreffen. Ihr Vorteil ist, in beiden Bereichen zu Hause zu sein. „Die Tänzer wissen, dass ich eine von ihnen bin. Als Vorstandssekrätarin bei einer Bank habe ich wiederrum gelernt, worauf es in der Welt der Wirtschaft ankommt“, erzählt Schöpfer. Wenn die Marketingabteilung der Autobauer von Mercedes für einen Werbespot eine ganz bestimmte Ballerina sucht, um sie mit einem Stier aus Pamplona tanzen zu lassen, dann nimmt Monika Schöpfer die Spur auf und findet die Künstlerin selbst dann, wenn von ihr vorher nur ein Bild bekannt ist und die Tänzerin sich in ein kleines Dorf am Gardasee zurückgezogen hat. Wenn bei einem Event des Technologiekonzerns Honeywell die Industrieapparaturen zum rasselnden  Tanzen gebracht werden und menschliche Tänzer sich kongenial dazu bewegen sollen oder der Baugerätehersteller Metabo an ein Pas de Deux fragiler Balletttänzer mi Schlagbohrern und Flexgeräten denkt, dann holt Schöpfer die Künstler herbei und organisiert den gesamten Ablauf. Für Filmproduktionen organisiert sie Tänzer und Choreographen. Für den Zirkus Cirque du Soleil führt sie ebenfalls das Casting durch. Und wenn beim Staatstheater Cottbus kurzfristig die Primaballerina für die aktuelle „Carmen“- Produktion ausfällt, besorgt Schöpfer passenden Ersatz. An Ballett- und anderer Tanzproduktionen der staatlichen Häuser vermittelt Schöpfer die 200-300 Tänzer, die mit ihrer Agentur zusammenarbeiten, allerdings eher selten. In die freie Szene so gut wie gar nicht. Zum einen kennt man sich dort über die diversen Netzwerke, zum anderen „haben die meistens gar nicht das Geld, auch noch eine Agentur für das Casting zu bezahlen“, so Schöpfer. Anfragen von Tänzerinnen und Tänzern erhält sie mittlerweile täglich. Sie wählt die aus, von denen sie glaubt, sie auch vermitteln zu können. Eine klassische Ballettausbildung und den Willen zum „täglichen Kampf mit dem Körper“ hält sie für eine Grundvoraussetzung. Ebenfalls wichtig ist ihr gegenseitiges Vertrauen. Und sicher schadet es nicht, wenn die Tänzer die Haltung der Agenturchefin teilen, dass Tanz zuallererst aus der Freude an der Bewegung geboren ist.
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