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Lobby für Tänzer

Agentur A.I.D.A. vermittelt Tanzende an Theater, Film und Fernsehen

--Von ddp-Korrespondentin Andrea Marczinski--

Berlin (ddp). Die brasilianische Tänzerin und Choreographin
 Cristina Perera stand mit Ismael Ivo und Marcia Haydée in «Ödipus»
von George Tabori auf der Probebühne des Berliner Ensembles. Perera
 schuf auch die Choreographie für das Musical «Tabaluga & Lilli» zur
Musik von Peter Maffay im Theatro Centro Oberhausen. Sarka Vrastakova 
aus Tschechien tanzte Solo-Partien in den
 Johann-Kresnik-Inszenierungen «Goya», «Frida Kahlo», «BSE. Garten der
Lüste» und «Picasso» in der Berliner Volksbühne. Die Französin Julia 
Poulet gehörte zum Corp de Ballett im Erfolgs-Musical «Falco meets
Amadeus» im Theater des Westens in Berlin. Perera, Vrastakova und Poulet sind 3 von 23 Tänzern, Choreographen 
und Artisten, die seit diesem Jahr bei der Vermittlung von 
Engagements einer Kollegin vertrauen. Die ehemalige Balletttänzerin
 Monika Schöpfer, eine gebürtige Wienerin, hat im März in Berlin
 A.I.D.A. - An International Dance Agency gegründet: «Es ist in
 Deutschland die erste Agentur, die Tänzer und Choreographen an 
Theater, Film- und Fernsehproduktionen, Eventveranstalter,
 Werbeagenturen und Firmen vermittelt», erläutert die
Geschäftsführerin. «A.I.D.A. versteht sich als eine Lobby für
Tänzer.» Sie habe es selbst zu oft erlebt, dass ein Tänzer nicht ernst
genommen wird, sagt die 39-Jährige, die mit 6 Jahren eine klassische 
Ballettausbildung an der Wiener Staatsoper begonnen hatte und sich 
damit ihren Kindertraum erfüllte. Monika Schöpfer tanzte am
Nationaltheater München, in Wien, in Monte Carlo, in Frankreich, der
Schweiz, in Israel: «Auf der Bühne zu stehen, ist einfach toll. Es 
ist wie ein Adrenalinschub, der ungeheure Kräfte freisetzt. Doch das 
Tanzen ist auch eine ganz eigene Welt, die Realitäten ausblendet. »
Die wenigsten Tänzer hätten gelernt, wie sie sich und ihre Leistung
verkaufen können, sagt die A.I.D.A.-Chefin. Nach ihrem Abschied von der Bühne, der für Tänzer meist um das 40.
Lebensjahr kommt, hat die allein erziehende Mutter einer Tochter 
zunächst Gelegenheitsjobs angenommen: «Doch ich wollte bald beweisen,
 dass man auch nach dem Tanzen etwas machen kann und damit anderen ein
 Beispiel geben», sagt Monika Schöpfer. Sie leitete unter anderem die
Ballettschule einer Freundin in München, organisierte Leserreisen 
einer Anzeigenzeitung und wurde Vorstandssekretärin einer Bank. Doch
 der Wunsch nach künstlerischer Kreativität war immer stark: «Ein
 Freund suchte für eine Mittelalter-Show ein Tänzerin und Trommlerin.
 Also lernte ich trommeln», erinnert sich die Künstlerin schmunzelnd. Irgendwann in dieser Zeit sei ihr die Idee einer Tanzagentur 
gekommen, sagt Monika Schöpfer: «Ich habe immer nach etwas gesucht,
 meine kreative und meine organisatorische Seite miteinander zu
verbinden.» Tanzexperten wie die Chefredakteur der Zeitschrift
«ballet-tanz», Arnd Wesemann, und Freunde hätten ihr Mut gemacht und
beim Umsetzen der Idee geholfen. Mitte März dieses Jahres erblickt
 A.I.D.A. dann das Licht der Tanzwelt: «Meine erste Vermittlung war
ein junger Breakdancer an den Regisseur Peter Patzak für die
ARD-Gaunerkomödie 'Vinzenz und Claire' mit Götz George und Gudrun
 Landgrebe», sagt Schöpfer ein wenig stolz. Als 15-jähriges Mädchen 
hatte sie selbst in dem international viel beachteten Patzak-Film
«Kassbach» mitgespielt. (...) «Wen ich persönlich betreuen soll, der schließt mit 
mir einen Jahresvertrag ab. Vorher schaue ich mir jeden dieser
Künstler, unter denen auch Artisten sind, auf der Bühne oder im
 Training an und treffe ihn zu einem längeren Gespräch. Wen ich
 vermittle, dem muss ich künstlerisch und menschlich vertrauen
 können.» A.I.D.A. solle einmal zu einem Markenzeichen in der Tanzwelt
 werden, wünscht sich Schöpfer. Doch auch dann will sie sich noch über
jede Vermittlung eines Künstlers freuen können, mit dem das Theater 
oder ein anderer Suchender zufrieden ist: «Erst dann habe ich wieder
 erfolgreich als Lobbyistin gearbeitet.»
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